Bei all den Anforderungen, die uns das Leben stellt verlieren wir den Bezug zu uns selbst. Anstatt mit uns selbst verbunden zu bleiben treten wir in Kontakt zu Arbeitskollegen und Geschäftspartnern, kommunizieren über unzählige Ebenen der Hierarchie weil der Job, die Familie oder die Gesellschaft es so erwarten.
Warum brauchen wir ein Retreat?
Über Messenger und Social Media sind wir jederzeit mit der Außenwelt verbunden. Selbst im Urlaub fällt es schwer richtig abzuschalten. Doch was ist mit der Verbindung zu uns selbst? Warum hat die DSL Verbindung einen höheren Stellenwert als die innere Verbundenheit und wie können wir uns aus diesem Teufelskreis aus ständiger Erreichbarkeit und Pflichtbewusstsein befreien?
Räumliche Trennung ist im Zeitalter des Internets nicht immer die Lösung, um sich vom Alltagsstress zu befreien. Ist die WLAN Verbindung erstmal hergestellt, verfolgen uns gesellschaftliche und soziale Verpflichtungen bis ins vermeintliche Urlaubsparadies und schüren das Bedürfnis nach Rückzug und Erholung.

Oftmals bemerken wir den losgelösten Zustand erst dann wenn der Frust größer wird und sich in zwischenmenschlichen Beziehungen oder Depressionen äußert. Leider haben wir keine nette Frauenstimme, die uns darauf hinweist in dem sie sagt: Lost Connection. Der intuitiven Stimme in uns (“Leg dein Handy weg! Es ist Schlafenszeit!”) schenken wir meist nur wenig Aufmerksamkeit. Schließlich bläut uns der Verstand ein: Du musst erreichbar sein, denn sonst könntest du ja was verpassen. Und wenn du was verpasst, dann … ja was dann? Verlierst du den Anschluss?
Was bringt uns der aller schnellste DSL-Anschluss und all die materielle Existenz wenn die Essenz des Lebens dabei verloren geht? Warum fragen wir den Rezeptionisten beim Einchecken ins Hotel unmittelbar nach dem WLAN Passwort und zahlen einen hohen Preis für das, was uns Zuhause 24/7 begleitet? Bevor wir es schaffen uns von gesellschaftlichen und sozialen Erwartungen zu befreien sind wir direkt wieder über Messenger und Social Media im Hamsterrad gefangen.
Wegrennen hilft bei den Symptomen der Disconnection also nur begrenzt. Im Retreat geht es daher mehr darum sich bewusst für eine Auszeit zu entscheiden. Die kostbare Zeit, die wir haben, in uns selbst zu investieren, in den Austausch mit anderen zu treten, um voneinander und der Erfahrung als Großes und Ganzes zu lernen. Die Verbindung zu sich selbst zu finden erleichtert nämlich auch den Anschluss zu allem anderen.
Retreat statt Urlaub!
Der Begriff Retreat ist keineswegs ein neues Modewort für den Erhlolungsurlaub. Retreat aus dem Englisch übersetzt bedeutet Rückzug. Anders als das Wort Urlaub bezieht sich dieses Wort also auf den Menschen selbst und weniger auf den Menschen in Zusammenhang mit der Arbeit.
Genau bei den Begrifflichkeiten fängt es nämlich an: Die Definition von Urlaub bezieht sich genaugenommen auf den zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer festgelegten Zeitraum in dem der Arbeitnehmer sich von der Arbeitsleistung befreien darf ohne auf seine Bezahlung verzichten zu müssen. Wer hätte gedacht das selbst im Wort Urlaub Arbeit steckt? Ein Retreat bietet die Alternative, um sich von diesem Teufelskreis aus Arbeit und “Urlaub von der Arbeit nehmen” zu befreien.
Gerade in der Yoga Community ist das Wort Retreat ein überaus gängiger Begriff. Seit Jahren boomen sogenannte Retreat Center in Südindien oder auf Bali. Im Fokus steht hier die spirituelle Weiterentwicklung und das Vertiefen der eigenen Praxis. Doch was ist denn mit den “Nicht-Yogis”, die vielleicht noch gar nicht mit ihrer Praxis begonnen haben?
Retreat als Zeichen der Selbstliebe
Das Verlangen nach Rückzug und Selfcare ist doch gerade für denjenigen, der in seinem Alltag keine Zeit für seine persönliche Entfaltung findet, ein großes Thema. Bei aller Liebe für Famile, Arbeit und sozialen Verpflichtungen (ein Widerspruch in sich) bleibt die Selbstliebe in den meisten Fällen auf der Strecke.
Ein Retreat sollte daher auch immer das Zusammenkommen unterschiedlicher Menschen mit verschiedenen Backgrounds und Voraussetzungen fördern. Nur so wird ein produktiver Austausch individueller als auch gemeinsamer Erfahrungen möglich, der einen erheblichen Teil zur Selbstentwicklung beiträgt.
Selbstverständlich sollte aber auch das Bedürfnis nach sozialem Rückzug berücksichtigt werden. Eine ungezwungene und lockere Atmosphäre macht das Retreat zu einer Möglichkeit der freien Entscheidung zwischen Interaktivität und Selfcare. Schließlich geht es darum sich selbst wieder näher zukommen und dem eigenen Gefühl Vertrauen zu schenken.
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Gönn dir den Retreat!
Wann hast du das letzte Mal eigentlich einfach nur da gesessen und dich mit dir selbst verbunden gefühlt – im Verhältnis zu den Malen, die du vor deinem Rechner saßt und dich in deinen Posteingang eingeloggt hast? Im Yoga Unterricht versuchen wir ständig diese Dysbalance auszugleichen aber mal im Ernst wer schafft es denn schon diese Verbundenheit, die wir tagtäglich unterdrücken, beizubehalten nur weil er sich am Ende der Yoga Stunde drei Minuten flach auf den Rücken legt? (Was nicht heißen soll, dass deine Yogapraxis oder die Endentspannung am Ende nutzlos sind ;-)).
Ein Retreat sollte Raum und Zeit für die eigene Entwicklung bieten. Der bewusste und frei gewählte Rückzug von all den Stressfaktoren des alltäglichem Lebens schafft Platz für das subtile Empfinden der eigenen Bedürfnisse. In der Zeit, die du dir selbst gönnst und dich von allen anderen Dingen befreist, die dich im Alltag begleiten, findest du den Bezug zu dir selbst wieder. Fragen an die eigene Existenz oder auch einfach nur das Wohlbefinden des eigenen Körpers tragen dazu bei dich wieder in einen Zustand des Gleichgewichts und der Verbundenheit zu bringen.
Ein Retreat sollte das TUN durch das einfache SEIN ersetzen und das Vertrauen in die eigene Intuition zurückgeben, sodass wir beim nächsten Mal besser wissen was zu tun und wann es Zeit für den nächsten Rückzug ist. Stell die Verbindung wieder her – ganz ohne WLAN!

